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Berufsbetreuer

Wenn die Kraft nachlässt

VON KERSTIN METZE, 17.04.11, 12:53h, aktualisiert 17.04.11, 13:12h

Betreuer

Es ist beruhigend, einen Betreuer zur Seite zu haben, wenn der Alltag nicht mehr allein bewältigt werden kann. (FOTO: ARCHIV/DPA)

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Halle (Saale)/MZ. Sachsen-Anhalt altert. Damit steigt auch die Zahl derer, die Hilfe im Alltag brauchen: bei der Körperpflege und beim Essen, aber besonders in rechtlichen Angelegenheiten, bei Geldgeschäften oder Verträgen. Die Landesregierung sprach Ende des Jahres 2010 von 47 895 gesetzlichen Betreuungsfällen in Sachsen-Anhalt. Häufig übernehmen Berufsbetreuer diese Aufgaben. Die Justizministerin und der Sozialminister, Angela Kolb und Norbert Bischoff, werben aber dafür, dass sich noch mehr Betreuer ehrenamtlich engagieren. Es gebe kaum beziehungsweise falsche Vorstellungen darüber, was ein ehrenamtlicher Betreuer eigentlich zu tun hat, sagt Kolb. Deshalb haben die Ministerien 15 Faltblätter entwickelt. Sie sollen Aufklärung bieten sowie Ängste und Vorbehalte nehmen.

Keine Entmündigung mehr

Früher wurden Menschen, die ihre Alltagsangelegenheiten nicht mehr selbstständig regeln konnten, entmündigt. Es wurde ein Vormund oder Gebrechlichkeitspfleger bestimmt. Das gibt es nicht mehr. Das Betreuungsrecht, das 1992 eingeführt wurde, sieht vor, dass ein psychisch Erkrankter oder geistig, körperlich beziehungsweise seelisch Behinderter dann gesetzliche Hilfe bekommt, wenn er sich selbst nicht mehr helfen kann. Diese Hilfe kann sich auf die Bereiche Gesundheit, Finanzen, Behörden-Kontakte und Wohnen erstrecken. "Betreuer werden immer dann eingesetzt, wenn jemand seine ureigensten Interessen nicht mehr selbst wahrnehmen kann", sagt die Justizministerin von Sachsen-Anhalt, Angela Kolb. Bestenfalls übernimmt ein Angehöriger die Betreuungsfunktion ehrenamtlich.

Für welche Fälle Betreuer gebraucht werden, zeigt ein Beispiel: Eine Frau leidet an der Alzheimer-Krankheit. Ein gewiefter Klinkenputzer verkauft ihr Zeitschriften, die sie gar nicht lesen kann. Die Widerspruchszeit ist verstrichen. Monat für Monat gehen Abbuchungen von ihrem Konto ab, die die Frau gar nicht überblicken kann. Dann sollte ein Betreuer einspringen und sich kümmern. "Besser ist es freilich, wenn Angehörige vor einem solchen Vorfall erkennen, dass der Betroffene Hilfe braucht und ihm Entscheidungen abnehmen", sagt Karola Waterstraat, die Sprecherin des Justizministeriums in Magdeburg. Hilfreich ist hier die Vorsorgevollmacht.

Eine Vorsorgevollmacht ist laut Waterstraat aber keine grundsätzliche Voraussetzung für eine Betreuung, sie mache sie dennoch einfacher. Einen ehrenamtlichen Betreuer finden Bedürftige meistens im familiären Umkreis oder unter Bekannten. "Ein solcher Betreuer kann auch durch ein gerichtliches Verfahren entweder auf Antrag des zu Betreuenden oder von Amts wegen eingesetzt werden", sagt Waterstraat. Dabei werde Vorschlägen des zu Betreuenden durch das Gericht entsprochen, soweit diese seinem Wohl dienen.

Selbst wenn keine Vorschläge des zu Betreuenden vorhanden sind, ist das Gericht den Worten der Pressesprecherin zufolge verpflichtet, verwandtschaftliche und sonstige persönliche Bindungen des zu Betreuenden bei der Auswahl des Betreuers zu berücksichtigen. Es könne jedoch auch eine fremde Person zum Betreuer bestellt werden. "Insoweit erweist es sich immer als Vorteil, wenn eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung existiert", sagt Waterstraat. Habe der zu Betreuende einer Person seines Vertrauens eine solche Vollmacht erteilt, könne ein gerichtliches Verfahren in der Regel vermieden werden.

Dem ehrenamtlichen Betreuer steht eine Aufwandsentschädigung zu. Das Geld kann er dem Vermögen des Betreuten entnehmen, wenn dem Betreuer die Vermögenssorge obliegt. "Der Betreuer hat dabei grundsätzlich die Wahl, ob er jede einzelne Aufwendung abrechnen und entsprechend belegen möchte, oder ob er eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von jährlich 323 Euro beansprucht", sagt Waterstraat. Im Fall der Mittellosigkeit könne das Betreuungsgericht in bestimmten Fällen ausnahmsweise eine angemessene Vergütung aus der Staatskasse bewilligen.

Ein ehrenamtlicher Betreuer muss nicht zwingend einem Betreuungsverein angehören. Den Betreuungsvereinen kommt aber nach dem Betreuungsgesetz eine wichtige Beratungs- und Unterstützungsfunktion zu, damit Betreuer in ihrer verantwortungsvollen Aufgabe nicht allein gelassen werden. Laut Sozialminister Norbert Bischoff wurde die Arbeit der Betreuungsvereine in Sachsen-Anhalt im Jahr 2010 mit rund 246 000 Euro gefördert. "Das ist gut angelegtes Geld", sagt Bischoff. "Ein Betreuungsverein bietet zudem die Möglichkeit, an einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch mit anderen Betreuern teilzunehmen", erklärt Pressesprecherin Waterstraat. Betreuungsvereine und -behörden stünden in gleicher Weise auch den Vorsorgebevollmächtigten offen.

Amtsgericht hilft

Wer Hilfe braucht und allein niemanden für eine ehrenamtliche Betreuung findet, kann sich selbst entweder an das Amtsgericht als Betreuungsgericht wenden oder an die Betreuungsbehörde (Stadt oder Landkreis) seines Wohnortes. "Dann wird von dort ein gerichtliches Betreuungsverfahren, zu dem eine persönliche Anhörung und das Einholung von Sachverständigengutachten gehört, eingeleitet", sagt Karola Waterstraat. Wenn das Gericht einen Betreuer bestellt, erhält der damit die erforderliche Vertretungsmacht. Ein Betreuerausweis dient dann als Beleg, um rechtsgeschäftliche Erklärungen im Namen des Betreuten wirksam abzugeben.

Wenn kein ehrenamtlicher Betreuer zur Verfügung steht, wird durch das Gericht ein Berufsbetreuer bestellt. "Das erfolgt aber nur, wenn es keine anderen Alternativen gibt", sagt Waterstraat.

Vergütung nach Qualifikation

Die Höhe der Vergütung für Berufsbetreuer richtet sich laut Justizministerium nach den Vorschriften des Vormünder- und Betreuungsvergütungsgesetzes (VBVG). "Der Betreuer erhält je nach seiner beruflichen Qualifikation einen Stundensatz zwischen 27 und 44 Euro", erklärt die Pressesprecherin des Justizministeriums. Der Ersatz für seine Aufwendungen sowie eine anfallende Umsatzsteuer sind bereits enthalten. Vergütet wird die Betreuung je nach Dauer und Aufenthalt des Betreuten zu Hause oder in einer Einrichtung pauschal zwischen zwei und sieben Stunden. Hat der Betreute kein Geld, erfolgt die Vergütung aus der Staatskasse.

Zu Einzelheiten der Vermögenswerte geben Rechtspfleger des Betreuungsgerichts Auskunft.

 

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